Donnerstag, 23. Juli 2015

Anstand - Erwartungen und ein Lächeln


Anstand und Lächeln


Vor ein paar Tagen begegnete mir in einem Forum für Autoren ein Buch. Den Autor lese ich sehr gerne, da er wunderbare Gedichte schreibt und auch seinen Erinnerungen folge ich gern.


Der Titel machte ebenso neugierig, doch der Inhalt war für mich Grund genug, einmal selbst wieder zurückzublicken.

Es geht um Einkäufe, einen vollen Wagen, der im Weg steht und beiseite geschoben werden muss und Lächeln und Anstand.

Mir gerät sofort das Wort Erwartungen in den Sinn!

Jeder von uns kennt sicher solche Situationen, in denen Wagen im Weg stehen.
Auch ich. Und es gab eine Zeit, da habe auch ich diese Wagen beiseite geschoben und mich über jenen geärgert, der diesen SCHEINBAR ohne nachzudenken, einfach dort abgestellt hat.

Doch irgendwann kam ich in eine Lebensphase, wo unter anderem auch Einkaufen für mich eine reine Höllentour wurde.
Die Zeit der Paniken und Ängste. Schon wenn ich vor die Tür ging, hinaus aus meiner mich „beschützenden Wohnung“ hatte ich das Gefühl, über mir schlüge die Welt zusammen. Geschlossene fremde Räume, Menschen, Lärm machten mir Angst.
Schweißausbrüche, Atemnot, Herzrasen und diverse andere Sachen waren dann mein Begleiter.

Einkaufen wurde zum „Überlebenskampf“.

Meine Konzentration richtete sich allein auf MICH. Ich weiß nicht, ob ich meinen Wagen auch voll beladen in der Mitte habe stehen lassen. Ich weiß aber, dass ich nur auf mich achtend einkaufte. Bedacht darauf, so wenigen Menschen wie möglich zu begegnen.
Da gab es kein Blicken, oder Lächeln. Nur inneres verkrampft sein. Wieder hinaus wollen. NACH HAUSE … in meine Burg!

Sicher gibt es auch jene, die Gedankenlos einkaufen. Doch können wir in die Köpfe schauen?

Stört mich heute ein Wagen, oder sehe ich Unsicherheit, schiebe ich den Wagen mit einem aufmunternden Lächeln beiseite. Nicht immer ist es böse Absicht, wenn jemand seinen Wagen mitten in der Reihe stehen lässt!

Mit Hilfe an meiner Seite, habe ich diese Lebensphase inzwischen überwunden und blicke nun „von der anderen Seite“ . Jedoch immer mit der Erinnerung, selber einmal völlig überfordert gewesen zu sein.
Bewusst geworden ist mir dies im letzten Jahr, als ich nach vielen Jahren endlich wieder begann mit Freude Bus zu fahren und auch die Stadt mit dem Bus zu erkunden. Ich hatte keine Angst vor Bussen, die Enge und die vielen Menschen waren der Grund. Bahn fahren MUSSTE gehen, irgendwie muss man ja voran kommen. Doch das bewältigte ich oft auch nur mit mürrischem Gesicht, Musik in den Ohren und einer krampfhaften Stellung, die es mir ermöglichte alles um mich her „AUSZUBLENDEN“.

Ich war also unterwegs um die Stadt zu erkunden. Inzwischen hatte ich meine Ängste und Paniken in Griff und nicht mehr sie mich.
Ich suchte mir Ziele, Fahrmöglichkeiten und Tage an denen ich mir ganz sicher war, nicht zurück zufallen in eine Panik.
Inzwischen hatte ich es soweit geschafft, nicht mehr nur KONZENTRIERT diesen einen Weg zu gehen, zu fahren, sondern konnte bei Bedarf auch einmal „umschwenken“ auf ein anderes Verkehrsmittel.

An jenem Tag war ich also mit dem Bus unterwegs. Mein Ziel, die Engelbecken, hatte ich erkundet und meinen vorher gut „abgesteckten“ Heimweg konnte ich an diesem Tag erweitern. Mir ging es gut und ich sah keinen Grund nicht noch etwas anderes zu unternehmen.
Ich wollte einen Kaffee trinken. Bisher gestaltete sich das immer schwierig und wenn dann nur zusammen mit meiner damaligen Begleiterin.

Doch ich war entschlossen und so kam es dann später zu folgender Begegnung an der Bushaltestelle. 


An der Bushaltestelle mache ich noch Bekanntschaft mit einer Touristin. Eben noch die Bestellung mit Handzeichen aufgegeben, ist nun meine Stimme wieder da und ich kann sogar helfen. Sie bedankt sich mit den Worten „sie sind ein Engel“ und ich muss lächeln. Ja, von da komme ich gerade her. Im Bus bemerke ich ihre zunehmende Unsicherheit und bin schon verzweifelt ob ich sie verwirrt habe. So frage ich sie, ob sie wieder zurück müsse nach
Kreuzberg und wir kommen nochmals ins Gespräch. Sie will zum Alexanderplatz und als ich ihr vom Bus aus den großen Silberling zeige beginnt sie wieder zu lächeln. Am Ostbahnhof finden wir auch gemeinsam den passenden Bus für sie. Und nochmals darf ich helfen. Junge Studenten aus Stuttgart suchen den Bus und wir können gemeinsam ordentlich lachen, weil einer von ihnen statt nach 240 immer nach 210 fragt. „

Es gibt auch heute noch Tage, an denen ich nicht mit einem Dauergrinsen unterwegs bin oder mich ein nach Alkohol stinkender Mitfahrer zusammen zucken lässt weil ich durch den Geruch an Erinnerungen gerückt werde, ein Wagen im Weg steht oder in der Bahn jemand UNBEDINGT an der Tür stehen bleiben muss, doch ich versuche mich immer wieder zu erinnern, das es in meinem Leben , die Zeit der Ängste, Paniken und Unsicherheiten gab, wenn ich unterwegs war.

Lächeln wir doch einfach, wenn wir einen vollen Wagen beiseite schieben und fragen nicht nach Anstand ….denn unser Gegenüber 

könnte gerade tief versunken in einer uns „fremden“ Welt gefangen sein.


Halten wir es doch wie  Pur - Erwarten keinen Anstand, sondern begegnen uns mit Achtung und Respekt 

Lächelnde Grüße in einen Wolkenlosen Tag :-) 

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