Reinhard Becker
Eigentlich
hättest Du noch ein paar Tage Zeit gehabt, doch wie es scheint
wolltest Du zu Weihnachten mit Mama daheim sein. Nicht Dein erstes
Weihnachten in den wenig anheimelnden Räumen einer Klinik
verbringen.
Du hast Dich in den
letzten Tage geregt und bewegt. Getanzt und geboxt in Mamas Bauch.
Wir haben oft unsere Späße gemacht darüber.
Aufgeregt waren wir alle
und als Dein Papa dann gar noch einen neuen Arbeitsplatz bekam und
ihn von heute auf morgen antreten durfte, war die Aufregung noch
größer.
Deine Mama war die Ruhe
selber. Schien es nur so? Nein, sie war es wirklich.
Erst als die Wehen
einsetzen wurde sie auch ein wenig hibbelig.
Die Geburt Deiner
Schwester war ihr noch zu gut in Erinnerung und keineswegs wollte
Mami nach Lichtenberg in die Klinik. Dort ballten sich noch immer die
Erinnerungen an jenen Tag vor sieben Jahren.
Es wurde langsam dunkel,
als Mama mir schrieb, die Wehen gehen los. Wir tauschten uns über
Abstände und Stärke aus, schließlich hatte ich einen weiten Weg
bis zu Euch an den anderen Rand der Stadt.
Am späten Abend kam die
Nachricht, wir holen Dich ab und fahren dann in die Klinik. Schläfst
Du eventuell bei uns? Sofort packte ich meine Tasche und Mama und
Papa holten mich ab. Dann ging es auf in die Klinik. Noch immer war
Mami die Ruhe in Person. Papa dagegen wurde schon nervös.
Einer von uns durfte nur
mit, Papa bekam natürlich den Vorrang und ich setzte mich in den
Warteraum. Die Zeit tickte plötzlich anders. Krankenhäuser haben
eben so ihren eigenen Rhythmus. Im Warteraum der naheliegenden
Notaufnahme lief der Fernseher. Ein Mann aus der Putzkolonne polterte
durch die Warteräume. Und die Elektronik der Türen zischte immer
wieder in die Nacht, wenn jemand rauchen ging oder ein Notfall in die
Ambulanz gebracht wurde. Die Sitzplätze in dem kleinen Warteraum der
Geburtsklinik sahen einladend aus in ihrem hellen frischen Grün.
Doch zum sitzen waren sie nicht geeignet. Schnell schmerzte der
Rücken.
Ich wechselte die
Warteräume, die Stühle waren weniger hübsch, aber das Sitzen war
angenehmer. Als ein Patient in den Flur geschoben wurde und die
Sanitäter mich mit einem Guten Morgen grüßten, schaute ich das
erste Mal erstaunt auf die Uhr. Ein neuer Tag war schon lange
angebrochen.
Es dauerte gefühlte lange
Ewigkeiten bis Dein Papa um die Ecke schaute und mich fragte ob ich
mit hinaus komme, es gäbe Probleme.
Die Ärzte hatten ein CTG
gemacht, und beim folgenden Ultraschall festgestellt das Du zu klein
bist und Dein Gewicht unter 2500 Gramm lag. Unverstehbar, denn Mama
war ja jede Woche bei der Ärztin. War dies niemanden zuvor
aufgefallen, das Du zu klein bist? Eine Versorgung nach der Geburt
wäre in der Klinik nicht möglich und Mama müsste ins Krankenhaus
nach Lichtenberg. Ausgerechnet dort, wo ihre schlechten Erfahrungen
stattgefunden hatten.
Papa war nervös, machte
sich Gedanken, war doch am nächsten Tag sein erster Arbeitstag auf
den er sich so lange gefreut und daran gearbeitet hatte. Es machte
ihm zu schaffen, dass er für Euch nicht so da sein könnte, wenn
Mama am nächsten Tag dorthin fahren sollte.
Bis Mama kam, verging noch
ein wenig Zeit, es gab noch einige Untersuchungen und die Papiere
wurden ihr ausgehändigt.
Die Klinik schickte sie
nach Hause mit den üblichen Ratschlägen und eben jenem Rat sich am
nächsten Tagen Lichtenberg zu melden.
Die Nacht war kurz, Papa
wurde von Mama schlafen geschickt, er sollte wenigstens etwas
ausgeruht seinen ersten Arbeitstag antreten. Wir blieben im
Wohnzimmer, machten es uns auf der Couch bequem und ließen alles auf
uns zukommen. Die Wehen kamen ohne das sich die Zeit dazwischen
änderte, ein paar kleine Mützen voll Schlaf konnten wir so
ergattern bevor es Zeit wurde sich fertig zu machen. Mami hatte schon
vor einiger Zeit einen Freund gefragt, ob er als Notfahrer in Frage
käme. Sie informierte ihn und eine halbe Stunde später stand er vor
der Tür. Wir waren fertig gemacht für den Tag und waren gespannt
was uns in Lichtenberg erwarten würde. Mamas Koffer hatten wir
dabei.
Angekommen in der
Kreißsaalambulanz wurde Mami mit den Worten empfangen: „sie hätten
sich acht Wochen vorher anmelden müssen!“ Ich saß im Wartezimmer
und bewunderte Mami für ihre Ruhe, die sie noch immer bewahrte. Mit
ruhiger Stimme erklärte sie die Situation, die Informationskette
schien eine Lücke gehabt zu haben. So waren die hiesigen Schwestern
nicht ausreichend informiert. Nach einer Weile kam dann eine
Schwester und meinte Mama dürfe bleiben, die Untersuchungen werden
heute vorgenommen und das erste Mal hörte ich zwischen den einzelnen
Untersuchungen von Mama, „ich hab ein wenig Angst“.
Mir standen inzwischen die
Nackenhaare. Babys bekommen war, als ich das erste Mal Mami wurde,
noch so ganz anders. Wehen, Krankenhaus – ohne zuvor wochenlang
vorher irgendwo angemeldet sein zu müssen.
Trotz anfänglicher
Ruppigkeit beim Empfang, waren die anderen Schwestern und auch die
Ärztinnen und Ärzte sehr nett.
Da Mami bei der ersten
Geburt einen Kaiserschnitt bekam und Du als zu klein und vielleicht
zu schwach eingestuft wurdest, rieten die Ärzte Mama zu einem
weiteren Kaiserschnitt.
Wehen waren noch immer da,
jetzt jedoch wieder mit größeren Zeitabständen. Inzwischen war es
Mittag geworden und unsere fast schlaflose Nacht machte sich
bemerkbar. Ein Kaffee und Bananenmilch für Mama halfen uns über den
müden Punkt.
Der nächste Termin
sollte, konnte jedoch erst in über zwei Stunden stattfinden. Es
blieb genügend Zeit für einen kleinen Imbiss und ein wenig Erholung
für Mama. Die Zeit schlich dahin, so kam es uns jedenfalls vor.
Dann war es so weit, der
Anästhesist empfing Mama freundlich und mit einem aufmunternden
Lächeln. Nachdem er ihr alles ausführlich erklärt hatte, durften
wir wieder nach Hause fahren. Deiner Mama kamen nun viele Fragen in
den Sinn. „Wer bringt mich am Freitag in die Klinik? Wie wird es am
Donnerstag zu einem weiteren CTG?“
Doch Du kleine Lady
wolltest es anders. Du wolltest das Mami und Papi zusammen in die
Klinik fahren und so hatte Mama am Abend, als Papa von der Arbeit
kam, alle fünf Minuten Wehen .........
Und nun bist Du da „Eine
Hand voll Glück“
Bist klein mit Deinen 48
Zentimetern und nicht gerade schwer. Nur wenig mehr als zwei Tüten
Zucker. Aber eben genausooo süß und noch viel mehr. Doch Du darfst
bei Mama sein.
Als sie mir schrieb, bist
Oma, lagst Du auf ihrer Brust und hast geschlafen. Herzgefühl –
Herzinnendrinnen
Herzgefühl
Vertrauen
Liebe
Willkommen Eulchen
ich wünsche euch alles Gute auf eurem gemeinsamen weiteren Lebensweg - die grenzenlose Liebe ist spürbar geworden.
AntwortenLöschenFrohe Weihnachten und mehr als nur besinnliche Zeiten *umärmel dich ganz ergriffen* mein Rosenrot <3
Solche Geschichten strahlen immer Hoffnung aus. Das ist gut so.
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