Aufgabe
gestellt von Lessa
„ich
habe heute was zum Anhören. Es ist der Beginn eines Liedes,
gesprochen als "Eingangstext". Bitte hört es euch an, es
dauert 1:26 Minuten. Mehr hört besser noch nicht, denn das Thema
ist:
Wie geht es mit Luisa weiter?
https://www.youtube.com/watch?v=3pvImdAgD0w „
Wie geht es mit Luisa weiter?
https://www.youtube.com/watch?v=3pvImdAgD0w „
Luisa – Juliane
Werding
„Die Tür ist nur
angelehnt
und sie geht hinein.
Ein langer Gang.
Ein Licht,
das sich bewegt.
Sie folgt dem Licht
….
und vergisst die
Zeit.“
Weiter und weiter
folgt Luisa dem Licht. Obwohl es sich bewegt, flackert es nicht.
Konstant, wenn auch spärlich, leuchtet es den muffig riechenden Gang
aus.
Sie rümpft die
Nase. Beklommenheit macht sich breit und einen Moment lang tobt in
ihr das Verlangen umzukehren. Doch die Neugier siegt, auch wenn ihr
der anhaltende Geruch den Atem raubt.
Ihr wird
schwindelig, taumelnd kommt sie der Wand nahe. Luisa bleibt stehen,
greift nach einem nicht sichtbaren Halt, doch da ist nichts, keine
Wand. Vor ihren Händen öffnet sich die Mauer zu einem Loch. Der
Geruch verändert sich, die Umgebungsluft streift warm ihre Haut.
Aromatischer Kiefernharzduft füllt die Nische aus. Weckt etwas in
ihr. Nicht greifbar. Zu weit in ihren Erinnerungsschubladen
vergraben. Und das Licht bleibt nicht stehen, lässt ihr keine Zeit
zum verweilen, bewegt sich immer tiefer in den Gang hinein. Der Duft
bleibt in Luisas Nase haften, doch die Wärme nimmt mit jedem
Schritt, den sie auf das Licht zugeht, ab.
Hier und da erfühlt
sie weitere Nischen. Mal ganz tief, dann wieder nur wenige Zentimeter
der Wand einnehmend. Doch bei jeder Vertiefung verändern sich die
Gerüche, verändert sich die Temperatur die Luisa umgibt. Das sich
schneller bewegende Licht zieht sie mit sich, obwohl sie hier und da
gern verweilen, den Veränderungen ihrer Empfindungen auf den Grund
gehen würde. Doch so groß ihre Neugier auch ist, die Angst vor der
absoluten Dunkelheit, vor dem Ungewissen, ist noch viel größer.
Jede Nische die sie
passiert, bringt neue Eindrücke. Gerüche wechseln, Empfindungen
kommen und gehen. Eben noch roch Luisa Wasser und ein großer bunter
Ball flog davon, als schon der Geruch von Kaminfeuer nicht nur ihre
Nasenflügel zum beben bringt.
Ihre Sinne
schwinden, kehren ebenso schnell zurück. Es riecht nach Creme, nach
Waffenöl, Zigarettenrauch, brennendem Wald. Dann wieder nach Sommer
und Wärme. Um schon im nächsten Augenblick einer „Kaltfront“
entgegenzugehen.
Hinter ihr ertönen
Schreie. Ihre Freundinnen rufen nach ihr. Suchen sie. Doch
Luisa beginnt gerade ihre eigene Suche.
Der Lichtschein hält
nicht inne, ist zwar langsamer geworden, aber sobald das Mädchen
stehen bleibt, wandert das Licht schneller durch den alten Gang aus
kühlen Felssteinen. Angetrieben von der Angst, hetzt sie hinterher.
Je tiefer sie in die Dunkelheit gelangen, um so massiver werden die
Gerüche und noch mehr Bilder tauche auf.
Nun zeigen sie nicht
mehr nur Gegenstände.
Menschen treten ins
Bild. Manchmal nur einer, dann wieder Gruppen. Alt und jung. Mann und
Frau, Greise und Kinder. Sie reden in unterschiedlichsten Sprachen
und tragen Kleidungen aus verschiedenen Zeitabschnitten. Sie singen
und lachen und weinen.
Manche kommen Luisa
so vertraut vor und doch ist sie sich nicht bewusst sie zu kennen.
Luisa zieht ihre
Jacke über ihre schmalen Schultern fester zusammen. Ihr fröstelt.
Angst kriecht ihr den Rücken hinauf. Lässt sie inne halten und
erstarren.
Sie muss sich
entscheiden – zwischen Neugier und der Beklemmung. Die Gerüche
lösen in ihr Beklommenheit aus. Stehen bleiben, oder weiter gehen.
Es ist wie ein Wahn, doch das Licht zieht sie weiter. Lässt ihr nun
etwas mehr Zeit. In manchen Nischen sieht sie sich selbst. Als Kind,
als Erwachsene, dann wieder ganz klein. Zeiten ändern sich. Die
Hintergründe der Nischen ebenso. Abwenden von diesen Bildern kann
sie sich nicht mehr. Sie rauschen auf sie ein, unaufhaltsam. Wie
riesige Wellen die dem Ufer zu wogen.
Luisa fühlt sich
allein, Tränen rinnen unaufhaltsam über ihr Gesicht. Eiskalter Wind
braust durch den Gang. Kein flackern, kein ersterben des Lichts!
Weiter weist es den Weg. „Nach vorn! Nach vorn! Nicht zurück!“
Doch ist nicht dort
bei der Tür DAS VORN? Der Eingang?!
„Schreite ich hier
nicht unweigerlich meinem Untergang entgegen?“
Wieder bleibt das
Mädchen stehen, verharrend. Versteift. Und um sie herum tanzen
Eindrücke.
Stampfend, leicht,
fordernd, dann fast fliegend. Einige Bilder flattern an ihr vorüber,
leicht und zart wie Schmetterlinge, andere stampfen wie eine im
Gleichschritt marschierende Armee. Lassen es in ihrem Kopf dröhnen
um im nächsten Moment lieblichsten Vogelgesang erklingen zu lassen.
Die Gerüche
wechseln nach wie vor. Eine ganze Palette an Düften treibt ein
wahnsinniges Spiel mit Luisa. Eben noch umwehte ihre Nase ein Duft
von frischem gemähtem Gras um im nächsten Moment dumpf und alt in
ihre Nase zu kriechen.
Die Zeit verrann und
blieb zugleich auch stehen.
Hier gab es keine
Zeit. Nur diffuse Dunkelheit, von der sie glaubte ihr niemals wieder
entrinnen zu können. Auch ein Zurück kam nicht in Frage. Da gab es
nur Schwarz.
Vor ihr tänzelte
das Licht, wies ihr den Weg.
War da!
Mal fühlte sich
Luisa völlig erschöpft, dann wieder stark und kraftvoll.
Sie starb auf diesem
Weg gefühlte tausend Tode und wurde ebenso oft neu geboren. Luisa
glaubte durch Jahrhunderte zu gleiten und fragte sich wieder und
wieder ob sie in einen Zeittunnel geraten war.
Vernichtung,
Wiederaufbau, Neu entstandenes, Abschied und Wiederkehr.
Verlust und Gewinn,
nicht von materiellen Dingen. Freundschaften, Verwandte.
Es war ein Rausch –
unaufhaltsam.
Sie stand in
blühenden Gärten und auf verbrannter Erde. Sie lief durch den Sturm
und lag lesend in einem Kornfeld. Sie hörte Schreie und leise
Lieder.
Krankheit, Genesung,
wechselnde Jahreszeiten begleiteten sie durch den Tunnel. Zu Beginn
noch eng und muffig riechend, öffnete er sich immer mehr.
Die Unwohlsein
fördernden Gerüche wechselten sich immer mehr ab mit Wohlgeruch.
Dunkle Bilder wurden von freundlichen abgelöst.
Es schien kein Ende
zu geben.
Ermattet blieb sie
vor einer Nische stehen, in der sie kristallklares Wasser in einem
Bergsee sehen konnte.
Umgeben von hohen
Tannen und schneebedeckten Bergen schien der See friedlich in der
Sonne zu dösen.
Aus diesem Bild
strömte so viel Energie, die sie mit tiefen Atemzügen in sich auf
sog.
Klare frische Luft
schlug ihr entgegen. Eben noch glaubte sie, das Licht habe ein
Einsehen mit ihr, als es mit rasanter Geschwindigkeit davon stob.
Es wurde Dunkel.
Nur der Schnee hoch
oben auf den Bergspitzen glitzerte ein wenig.
Luisa lies sich
diesmal nicht beirren.
Sie „trotzte“
ihrer Angst. Trat ihr gegenüber und genoss den Energieschub, den ihr
die kleine Vertiefung in der Wand bescherte.
Wie von Ferne hörte
sie leises Vogelgezwitscher, der Tunnel wurde wieder erhellt, die
Helligkeit kehrte zurück. War da, wann immer Luisa vertraute. Das
Bild wurde wieder vollständig sichtbar und ein spürbarer Windhauch
zauberte kleine klare Wellen auf den bis eben noch spiegelglatten
See.
Die Angst machte dem
innerem Frieden Platz. Sie spürte, hier hatte sie ihre
Übermächtigkeit verloren. Und Luisa überkam ein Gefühl von Freude
und Glück.
Dieses Bildnis war
völlig zeitlos. Nichts darin verriet irgendeine Epoche. Es war
JETZT.
Einfach „nur“
jetzt.
DER Augenblick des
Seins.
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