Wochen waren seit
einer letzten Nachricht von Tamino vergangen. Inzwischen hatte der
Frühling nach mehrmaligen Anläufen endlich Einzug gehalten und
vielversprechend schien die Sonne vom Himmel.
Emma hatte sich nach
einigen misslungenen Anläufen, endlich eine kleine Auszeit gegönnt
und war zu einem ihrer Lieblingsorte gefahren. Zu oft hatte sie alles
verschoben, weil sie auf die Erfüllung seiner Versprechen gehofft
hatte. Doch er sollte nicht der einzige Bestandteil ihres Denkens
werden.
Am See konnte sie
Kraft tanken und ihren Gedanken freien Lauf lassen. Als Kind war sie
einige Male in den Ferien an diesem idyllischen Ort gewesen, Jahre
später führte sie ein kleiner Campingurlaub an jenen Ort zurück
und sie verliebte sich in die kühlen Buchenwälder, die großen
Flächen an Blaubeeren, den See und seine Insel. Die Urlaubstage
musste sie damals abrupt abbrechen und nun nahm sie sich vor, sich
von niemanden wieder ihre Erholung unterbrechen zu lassen.
Ihr Urlaubsdomizil
lag in einen kleinen Garten, der hinunter führte zum See.
Obstbäume standen
wahllos auf einer weitläufigen Wiese und der Wind lies zarte
Kirschblütenblätter wie Schneeflocken auf und ab tanzen. Verträumt
blickte Emma ihnen nach, ihre Schreibutensilien schon unter dem Arm.
Gerade hatte sie
noch in ihrem Zimmer „Romantische Zärtlichkeiten“ genossen.
Wunderbare Welt der Klassik. Begleitung in den erwachenden Tag. Zeit
des Träumens. Zeit des Nachdenkens. Zeit, zu erwachen?!
Jetzt zog es sie
hinaus, sie wollte die eben aufkeimenden Gedanken zu Papier bringen,
sie in einem Brief zusammenfügen. Das Leben war nicht nur Tamino,
doch die Gedanken trafen auf ihn, aber vor allem auf ihre liebste
Freundin zu.
Unten am Wasser
wuchs ein großer alter Kastanienbaum, dessen Kerzen sich wunderschön
der Sonne entgegenstreckten und unter ihm stand, neben einem alten
schiefen Holztisch eine Bank, die mit bunten Kissen geschmückt war.
Hier wollte Emma den
Vormittag verbringen. Letzte Tulpen und sich sacht öffnende
Pfingstrosen säumten den Baum.
Etwas weiter weg
standen Salomonssiegel und tränendes Herz. Ein Bauerngarten mit
alten schönen Pflanzen und Gehölzen, ganz wie in ihren Träumen und
sie saß mittendrin.
Das kleine Häuschen
hatte blaue Fensterladen und schon der Anblick schenkte ihr Ruhe und
Gelassenheit.
Der Blick auf den
See und die sich spiegelnden Wolken, beruhigte sie. Aufgewühlt von
all den Gedanken sog sie tief atmend die Blütenduft geschwängerte
Luft ein. Der Flieder nahe am Haus gab alles um die Umgebung mit
seinem betörenden Duft zu erfüllen.
Sorgfältig hatte
sie das Papier gewählt. Marmoriertes Grün, die Farbe der Hoffnung.
Der Stift glitt über
die Seiten und ihre Gefühle formten sich zu Buchstaben und Sätzen.
„Hallo meine Süße,
so schnell werden
Wünsche zerstört.
In mir pulsiert es,
will raus.
Vielleicht treffe
ich nicht immer die richtigen Töne,
vielleicht werde ich
übergriffig oder sehe manches in einem falschen Licht.
Vielleicht …. doch
von diesem vielleicht möchte ich mich nicht leiten lassen.
Keine Angst
aufbauen, etwas falsches zu schreiben, sondern den Gedanken und
Gefühlen Raum geben.
Als vorhin die
Gedanken begannen zu sprudeln, hörte ich Beethoven und andere
klassische Werke. Wenn Du magst, leg Dir die beigefügte CD ein.
Nun sitze ich am
See, inmitten von Bäumen und Blumen, die meinem Wunsch, von einem
alten Bauerngarten, sehr nahe kommen.
Der Wind treibt
seine Spielchen und am See geben die Frösche ein Konzert. Begleitet
vom Zwitschern der Vögel.
Ich habe einmal
gelesen, man soll sich nicht sorgen. Sorgen um andere. Doch ich sorge
mich. Sorge mich um Dich. Und wenn wir immer alles befolgen würden,
was irgendwo steht, sterben die Gefühle und Empfindungen ganz aus.
Ratschläge, gemacht, doch sie müssen ja nicht auf alles zutreffen.
Bleiben wir bei den
Gefühlen.
Oder ich!? - oder
doch wir?!
WIR, denn sobald Du
fühlst, meine Zeilen tun Dir nicht gut, leg sie beiseite. Gib sie
weg. Nicht schlimm.
Denn es geht um
Dich! DU sollst Dich wohl fühlen und wenn mein Brief Unwohlsein
bereitet, habe ich einen Schritt zu weit gewagt.
Ich setze in meine
Zeilen keine Erwartungen, dass Du es mir gleich tun sollst, Wege
beschreiten, die ich gegangen bin.
Ich gebe keinen Rat
und versuche auch keinen Finger zu heben. Gratwanderung!
Bei allem was wir
tun. Denn die Gefühlsebenen unseres Gegenübers stehen ja niemals
mit den unseren Millimetergenau auf einer „Stufe“. So kann
gesagtes, völlig anders ankommen.
Ich vergleiche uns
auch nicht und doch gibt es „Ähnlichkeiten“. Ich spüre Deine
Erschöpfung. Ich spüre wie all Deine Pflichten, Aufgaben und
Versprechen auf Dir „lasten“ und Dir Kraft rauben.
Du bäumst Dich auf,
sobald Du merkst Deine Kraft lässt nach. Du gibst Dich hin.
Unaufhaltsam.
Hin und wieder ein
Hauch von „ich denk an mich“ und doch spielen andere dabei immer
wieder die erste Geige.
Ja, es ist schwer –
ohne Frage.
Du powerst Dich aus.
Vor Zeiten hast Du
ein Versprechen gegeben.
Jetzt kollidiert
dieses Versprechen mit Deinen Wünschen. Normal. Sicher, da das Leben
nicht anhält. Immer weiter geht. Wir uns entwickeln und bei allem
haben wir fast nichts in der Hand.
Krankheit, Tod, die
Arbeitsstelle verlieren, verlassen werden. Unbeeinflussbar.
Krankheit –
manches können wir selbst helfen zu heilen. Jedoch nicht alles.
Versprechen können
nicht immer zu tausend Prozent erfüllt werden. Auch nicht zu
Hundert. Und es ist kein Versagen, wenn wir nicht alles schaffen zu
erfüllen.
Unsere Kraft war zu
dem Zeitpunkt des Versprechens eine völlig andere. Und auch die
Lebenssituationen. Manchmal sprechen wir etwas aus, von dem wir
glauben, es ein Leben lang erfüllen zu können. Weil es zu jenem
Zeitpunkt stimmig war. Lebenssituationen verändern sich. Wir mit
ihnen, sie sich mit uns.
„Ganz ehrlich“
ja – ganz ehrlich!
Wir, DU darfst
aussprechen was Dich bewegt. Nicht nur nur jenes, was Dich in der
großen weiten Welt bewegt.
Du blickst auf die
Welt, siehst ihre Abgründe, „schreist“ sie hinaus.
Doch wo bei ALL dem
bleibst Du?
„ Ganz ehrlich“
- raus mit dem was in Dir gärt, Dich herab reißt. Dich innerlich
„zerstört“.
Dir Kraft raubt.
Halt Dich doch auch
dort nicht … auch??? Halt Dich VOR ALLEM DORT nicht zurück!
Dein kleines großes
Herz muss nicht immer für all und jeden und für die ganze Welt
pochen.
Dein kleines großes
Herz darf beginnen für Dich zu pochen.
Du bist großartig.
Doch sobald es um
Dich geht, vergisst Du Dich selbst.
Vielleicht sehe ich
manches in einem diffusen Licht und es ist völlig anders.
Doch ich fühle mich
ins unser Miteinander hinein und es mahnt. Es sendet kleine Impulse.
Vielleicht denkst Du
ja gerade, „Versprechen können wir nicht wieder zurück nehmen“.
Nein, das können
wir nicht.
Doch wir können
ihren Inhalt unseren Lebenssituationen anpassen.
Wir sind nicht
egoistisch, wenn wir dies tun. Wenn wir dabei an uns und unsere
vorhandene Kraft denken.
Nur, wenn IN uns
alles stimmig ist, können wir mit ganzer Kraft leben. Und auch für
andere da sein.
Ein Versprechen,
kann ein Versprechen bleiben, selbst wenn wir es korrigieren.“
….
erst jetzt schaute
Emma auf.
Wie gern würde sie
ihre Freundin in diesem Moment und noch viel öfter in den Arm
nehmen. Einfach nur halten.
Nicht nur Kilometer
trennten sie, manchmal auch das Gefühl ihre Freundin kann ihre
Umarmung nicht annehmen.
Die Sonne hatte
inzwischen einen großen Weg zurückgelegt. Wärme zog unter die
gigantische Kastanie, die jedoch wunderbar Schatten spendete. Zwei
Schwäne flogen majestätisch über den See. Ihr Flügelschwingen war
überwältigend und ihre Größe wurde beim Flug richtig sichtbar.
Lange sah Emma ihnen nach.
Wie oft hatte Tamino
etwas versprochen.
Versprechen –
Versprechungen?!
In Emma lösten sich
dank ihrer Freundin viele Gedanken – doch sie fand keinen Zugang.
Noch nicht ….
„Kann man jemanden
„freisprechen“ von Versprechen? Jemanden etwas von den Schultern
nehmen, was sich dort türmt und türmt und langsam zu einem Rucksack
voller Last wird?“
So viel Wärme strahlt aus diesem Brief mit seinem grün marmorierten Papier. Deine Art zu Schreiben malt wundervolle Bilder – herrliche Landschaften mit zufriedenen glücklichen Momenten. Teils musste ich sogar überlegen, ob dieser Brief nicht doch an mich gerichtet ist mein liebes Rosenrot.
AntwortenLöschenund wieder hast du mich mitgenommen und ich folge immer gerne deinen gedanklichen Ausflügen.
Ja und Tamino – der große Junge, der nicht erwachsen werden will. Soll man noch weiter warten oder gibt man sein Versprechen frei? Mit Liebe verstehen oder sehen. Nicht ist schwieriger und man fühlt sich nur bedingt besser …. Denn es wird dir oft das als Dummheit und Gutgläubigkeit ausgelegt. Es ist ja nicht so, dass man nur sieht, was man sehen will! Das schlimme ist: man weiß um alles und schafft selbst DAS mit Liebe zu sehen.
Ich verzettle mich und muss deshalb gehen *lach*- und hoffe, es gibt noch eine weitere Folge …
..und das schlimme ist ...man weiß um alles .....
AntwortenLöschenVerzettel Dich ruhig
Gedanken fördern Gedanken :)
Tamino - der große Junge
DANKE
Dein Rosenrot