Der spät sommerliche Tag lädt zum Rad fahren ein und da meine Ärztin mir erlaubt hat, nun wieder zu radeln, nutze ich die Gelegenheit.
Briefe sollen auf Reisen gehen. Schnell sind sie in der Tasche verpackt und meine Route steht fest.
Zuerst zur nahen Bankfiliale, ohne Bargeld geht nichts bei der hiesigen Post. Als ich bei der Bank ankomme, sehe ich jede Menge Menschen in das kleine Gebäude gehen.
Schon rattert mein Kopf. Wie geht die Tür auf? Drücken oder ziehen? Hab mich doch letztens erst blamiert. Unnötige Gedanken. Es ist Samstag. Bargeld brauche eben nicht nur ich , doch während ich mein Fahrrad anschließe signalisiert mir mein Körper, "Stimme geht unter"!
Okay, Kontoauszugsautomaten sind nicht sehr kommunikativ. Zumindest können sie noch ohne Stimme bedient werden. Alles gut. Ich gehe auf die Tür zu, doch kurz vor mir überholt mich ein Mann von der rechten Zugangsseite. Türproblem gelöst.
Er hält mir netterweise die beiden Tür auf. In seinen Rücken hinein flüstere ich, mit dem Kopf nickend, ein Danke. Unhörbar! Und!
Nicht sichtbar für ihn.
Sein grantiges „Danke sagt man“ knallt mir von hinten in die Rippen. Die Hälfte der Anwesenden dreht sich dieser Szenerie zu.
Ein eisiger Moment. Atemlos für den Augenblick.
In mir rebelliert es. Langsam drehe ich mich lächelnd um. Krächzend sage ich nochmals Danke und ziehe nun die restlichen Blicke der Anwesenden auf mich.
Beim umdrehen entgleisen dann meine Gesichtszüge. Jetzt hätte ich doch gerne einen sprechenden Bankautomaten. Oder einen der zuhört. Wut, Ärger, Enttäuschung …. in mir kochen Gefühle und Emotionen.
Meine Stimme geht weiter in den Keller. Innerlich so spürbar. Schmerzhaft, ohne zu schmerzen.
Schnell habe ich meine Geschäfte erledigt und drehe mich mit gestrafften Schultern und wiedergekehrtem Lächeln, dem Ausgang zu. Der Mann steht noch immer in seiner Schlange. Lächelnd nickt er mir zu.
Momente wie diese …..
Die Briefe gebe ich ab, auch hier nur krächzen. Nachfragen von der Bedienung, die den Blick nicht auf mich gerichtet hatte. Ich schlucke, versuche mich noch einmal
mitzuteilen.
Der schöne Tag nimmt eine andere Färbung an. Innerlich. Doch ich möchte ihn mir nicht verderben.
Aus dem Blumenladen nebenan strömen die Düfte der Blumen in meine Nase, während wir uns noch über Möglichkeiten des Briefversandes ins Ausland austauschen.
Ein Teil von mir gibt sich den Aromen hin. Tanzt mit dem zarten Duft pinker Rosen um das würzige Aroma von Artischocken. Farngrün weht herüber. Von sanftmütigem Grün, bis schwerem Dunkelgrün. Erinnerungen werden geweckt. Äpfel und Quitten zieren sich keineswegs. Sie verströmen die konservierten Sonnenstrahlen
und mischen sich in mit dem Duft von unendlicher Weite. Erikafarben umschmeichelt er meine Nase. Beim Duft von kleinen Herbstastern beginnen meine Erinnerungen durch den kleinen Garten meiner Oma zu streifen.
Mein Entschluss steht noch vor dem Ende der Verhandlungen um den Versand der Briefe, fest. Ich muss in den Blumenladen, wenn ich hier fertig bin ...
.... nach gefühlten Ewigkeiten betrete ich den Blumenladen. Riechen, schauen, wahrnehmen ...es dauert eine Weile bis ich mich diesem Genuss entziehe.
Entschlossen greife ich nach einem schon
gebundenen Strauß. Pinke und weiße Rosen, zwischen verschiedenen Farnen . Verziert mit Schneebeere und letztem Phlox.
Und als mich beim hinausgehen ein „Gute Besserung“ erreicht, hat zumindest der Tag seine Farben zurückbekommen …… Das Leben – eben!